Nachträge und Nachtragsprüfung

Eine Besonderheit beim VOB-Vertrag ist, dass der Auftraggeber während der Bauausführung sowohl den Bauentwurf ändern als auch weitere zusätzliche Leistungen,
die zur Erbringung der Vertragsleistung notwendig werden, anordnen darf. Grundsätzlich ist der Auftragnehmer verpflichtet, diesen Anordnungen nachzukommen; ihm steht jedoch eine angepasste Vergütung zu. Somit kommt es – da Änderungen und zusätzliche Leistungen zum Alltag gehören – immer wieder zu Vergütungsanpassungen während der Bauzeit. Neben diesen Arten der Vergütungsanpassung können aber auch (Teil-)Kündigungen sowie Mehr- und Mindermengen Grundlage einer Änderung der ursprünglichen Vergütung sein.

Vergütungsregelungen für Mengenänderungen nach § 2 Abs. 3 VOB/B

Kommt es bei der Abwicklung eines Bauauftrags zu Abweichungen der Mengenansätze einzelner Positionen gegenüber den tatsächlich ausgeführten Mengen, so sieht der § 2 Abs. 3 VOB/B ein Preisanpassungsrecht vor. Voraussetzung sind hierbei jedoch 2 Kriterien: Zum einen darf die Mengenänderung nicht auf ein aktives Handeln einer Vertragspartei zurückzuführen sein. Sie muss also rein aus Men gen ermittlungsfehlern bei der Leistungsverzeichniserstellung resultieren, z. B. wegen überschlägiger Massenermittlungen im Erdbau. Zum anderen gilt als Kriterium, dass die Mengenabweichung größer als 10 % der ursprünglich ausgeschriebenen Menge ist, und zwar entweder als Mehrung oder als Minderung. Bezüglich einer Mengenüberschreitung heißt es hierzu unter § 2 Abs. 3 (2) VOB/B:

„Für die über 10 v. H. hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren.“

Hierbei steht im Vordergrund, dass die Vergütung – sobald die Toleranzgrenze von +10 % überschritten ist – kalkulatorisch den neuen Gegebenheiten angepasst werden darf. Dies gilt grundsätzlich für beide Vertragspartner, sodass es vorkommen kann, dass sich die Preise erhöhen, erniedrigen oder auch gleich bleiben können.

Diese Regelung zielt darauf ab, dass keine Partei durch erhebliche Mehrmengen überfordert wird. Kann eine solche Mehrmenge z. B. innerhalb der ursprünglichen Bauzeit mit abgewickelt werden, fallen in der Regel keine zusätzlichen Baustellengemeinkosten an, sodass in einem solchen Fall dieser Kostenanteil aus dem Preis herauszurechnen wäre. Die Fälle von Mengenunterschreitungen werden in § 2 Abs. 3 (3) VOB/B geregelt. Dort heißt es:

„Bei einer über 10 v. H. hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu erhöhen, soweit der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält. Die Erhöhung des Einheitspreises soll im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, der sich durch Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Leistung ergibt …“

Grundsätzlich soll der Auftragnehmer bei Mindermengen seine ursprünglich in der betreffenden Position kalkulierten Gemeinkosten erlösen.


Checkliste zur Nachtragsprüfung

Für die Nachtragsprüfung steht Ihnen aus Ausschreibung nach VOB und BGB eine Checkliste für Nachträge zum kostenfreien Download zur Verfügung.


Nachträge erfolgreich durchsetzen: Mit  diesen 8 Tipps fällt es Ihnen in Zukunft leichter

Statt Nachträge als Chance zu sehen, um berechtigte Vergütungsansprüche durchzusetzen, werden sie vom Bauleiter häufig als lästig und störend empfunden. Nachträge sind jedoch wesentlicher Bestandteil der Baustellenabwicklung. Deshalb ist die Fähigkeit, Nachträge erfolgreich durchzusetzen, ein entscheidender Erfolgsfaktor, um mit der Baustelle Geld zu verdienen.

Mit den folgenden 8 Tipps machen Sie es sich zukünftig leichter:

Tipp1: Ständiger Vergleich Bau-Soll mit Bau-Ist

Es ist zwingend notwendig, über die gesamte Bauzeit permanent den Vergleich zwischen Bau-Soll und Bau-Ist zu führen. Dabei werden die Ausführungspläne und die Anweisungen des Auftraggebers mit dem Vertrag verglichen. Dadurch erkennen Sie frühzeitig Abweichungen vom Bauvertrag. Nachträge können Sie entsprechend früh stellen.

Tipp 2: Nachträge zeitnah ankündigen

Auch wenn die Ausführungspläne häufig verspätet zur Verfügung stehen, hilft Ihnen der ständige Soll-Ist-Vergleich zu einer frühzeitigen Anmeldung beim Auftraggeber. Die rechtzeitige Ankündigung verschafft Ihnen beiden Luft, um das Nachtragswesen mit weniger Konflikten und weniger Ärger zu bewältigen.

Tipp 3: Richtige Nachtragsankündigung

Als ersten Schritt sollten Sie den Auftraggeber oder seinen Vertreter unter 4-Augen informieren. In vertraulicher Atmosphäre lassen sich kritische Punkte, wie Nachträge, einfach besser besprechen. Außerdem geben Sie dem Auftraggeber die Möglichkeit, evtl. noch andere Lösungen zu finden.

Im 2. Schritt kündigen Sie den Nachtrag offiziell und schriftlich an oder geben ihn im Baustellen-Jour fixe zu Protokoll.

Tipp 4: Der Polier denkt mit

Poliere sind ständig auf der Baustelle und für die Ausführung der Bauleistung verantwortlich. Gerade deshalb ist ihre Mitwirkung beim Erkennen von Nachträgen unabdingbar. Die Poliere müssen  mitdenken und Sie als Bauleiter auf Leistungsänderungen hinweisen. In einer regelmäßigen Besprechung auf der Baustelle erfassen Bauleiter und Polier gemeinsam die Grundlagen für Nachträge.

Tipp 5: Nachtragskalkulation

Nachträge werden im Grundsatz auf der Basis der Urkalkulation erstellt.  Damit werden der Kalkulationslohn, die Kostenarten Stoffe, Geräte und Nachunternehmer, sowie die Zuschläge aus dem Vertrag übernommen.

Die geänderte Position und deren Urkalkulation sind der Ausgangspunkt. Über einen Vergleich mit der tatsächlich ausgeführten Leistung werden die Unterschiede herausgearbeitet und die Kalkulation für die Nachtragsposition abgeleitet.

Tipp 6: Nachtragsangebot übersichtlich und vollständig

Bauen Sie das Nachtragsangebot so auf, dass der Auftraggeber es schnell verstehen kann und alle relevanten Informationen findet. Unübersichtliche und lieblos zusammengestellte Angebote verärgern den Auftraggeber. Das ist eine schlechte Basis für die weiteren Verhandlungen.

Zum Angebot gehören ein Anschreiben, eine Leistungsbeschreibung (Kurztext) mit Preisen, Erläuterungen zu den Positionen und alle notwendige Anlagen (Planausschnitte, Schreiben, Protokolle usw.) als „Beweismittel“ für die Nachtragspositionen.

Tipp 7: Mehrkosten aus dem Nachtrag reduzieren

Nachträge erfreuen keinen Auftraggeber, denn das Projekt wird dadurch teurer!!!

Ein Großteil der Nachträge ersetzt jedoch nur Leistungen/Positionen aus dem Bauvertrag. Das bedeutet, dass diese Positionen und damit auch die entsprechenden Kosten entfallen.

Deshalb ermitteln Sie die Summe der entfallenden Leistungen und ziehen  Sie von der Gesamtsumme des Nachtrags ab.

Damit reduzieren Sie die Nachtragssumme deutlich. Das Nachtragsangebot sieht für den Auftraggeber viel freundlicher aus. Außerdem beweisen Sie, dass Sie sehr sorgfältig und verantwortungsbewusst mit dem Geld des Auftraggebers umgehen.

Tipp 8: Erfolgserlebnisse für den AG einbauen

Bauen Sie in das Nachtragsangebot gezielt Positionen ein, bei denen Sie nachgeben können oder die ganz entfallen können. Sie  räumen dem Auftraggeber damit Erfolgserlebnisse ein, die er während einer Verhandlung braucht. Würde der Auftraggeber alle Positionen eines Nachtragsangebots ohne Änderungen akzeptieren müssen, wäre das nicht günstig für die weitere Zusammenarbeit. Auch der Auftraggeber  will einmal gewinnen. Genau das räumen Sie ihm mit diesem Vorgehen ein.